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2. Geschichte


2.0. Autos in Uniform

Die Herstellung von "Autos in Uniform" (1) hat in Zwickau eine lange Tradition. Neben anderen Rüstungsgütern 201_H1kleinwurden im 2. Weltkrieg der mittlere Einheits-Pkw gefertigt.
1937 - 1940 Typ Horch 901 und
1940 - 1943 Horch 901 Typ 40
mit V8 90°, 3,5 l und 80 PS Motor,
Allrad gefertigt, Stückzahl ca. 15000

Basierend auf diesem Fahrzeug wurden Mitte 1951 Prototypen des H1k einwickelt.
Der H1k mit Allradantrieb hatte ebenfalls den V8 mit 3,5 l und 80 PS wog ca. 2,5 t.
Da die Konzeption absolut technisch veraltet war, wurden im IFA-Werk Horch, Zwickau nur ca. 30 Fahrzeuge gebaut.

1953-1966 wurden im VEB Sachsenring Kraftfahrzeug- und Motorenwerk Zwickau (ab 1958 VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau) die 6 Zylinder 2,4 l Motoren für die im FEW Chemnitz entwickelten P2M und P3 geliefert.

In der Mitte der 60er Jahre wurde im RGW
(Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) entschieden, dass in der DDR keine Geländefahrzeugemehr gebaut werden.

VW

Auf Grund der politischen Situation (kalter Krieg) war der Bedarf an Fahrzeugen in den bewaffneten Organen in beiden deutschen Staaten sehr hoch.

Genauso, wie auf dem Bestreben der Bundeswehr in der BRD der VW Typ 82 Kübelwagen zum VW Typ 181 Kurierwagen 1969 weiter entwickelt wurde, versuchte man auch in der DDR verfügbare Fahrzeuge für einen militärischen Einsatz zu rüsten.

Als Vorbild diente ebenfalls die Anforderungen die zur Entwicklung des VW Typ 82 geführt hatten

- offene Karosserie
- geringes Gesamtgewicht
- Produktion großer Stückzahlen
- bei geringen Entwicklungskosten
F9

Noch aus dem 2. Weltkrieg stammende VW Typ 82 Kübelwagen wurden auch in der DDR für die militärische Nutzung getestet.

Nach Einsatztests und Versuchen mit den bei den bei der Volkspolizei eingesetzten Modifikationen des F9 oder dem Polizeieinsatzwagen Wartburg 311/4 wurde auch der Trabant in die engere Wahl gezogen.

1964 begann die Entwicklung eines Kleinkübels auf Trabantsbasis.
1965 wurden die ersten Prototypen des Trabant-Kübel in Handarbeit hergestellt.

(1) Sonderausstellung Militärfahrzeuge westsächsischer Fertigung aus acht Jahrzehnten des August Horch Museum Zwickau gGmbH 2007

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2.1. Spurensuche nach den Prototypen

Auf meiner Spurensuche nach den Prototypen bin ich bei der entsprechende Fachliteratur, die sich mit der Geschichte des DDR-Automobilbau ernsthaft beschäftigt, fündig geworden. So bei dem bekannten Automobilhistoriker Peter Kirchberg. Seine sehr gründlich recherchierten Untersuchungen mit Archivstudien und Befragungen von Zeitzeugen liefern eine erste Grundlage für Informationen. Prototyp1 Prototyp2 Weiterhin erstellte Jürgen (1) eine Ausarbeitung mit den wichtigsten Merkmalen.
Mit freundlicher Genehmigung darf ich die Fakten und die 2 Bildern aus dem Privatarchiv von Peter Kirchberg an dieser Stelle verwenden.

Trabant 601 A (Urkübel)
mit folgenden Abweichungen zum P 601 Limousine:

(1) Ausarbeitung für
Juryarbeit Trabanttreffen Zwickau
Dipl.Ing. für Kfz -Technik Jürgen Lisse
09481 Scheibenberg vom 03.03.2011
http://www.autohof-scheibenberg.wv.to/
Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung zur Publikation

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2.2. weitere Infos über den Urkübel

In der schon vom Namen her sehr interessanten Zeitschrift "Stoffhund, UAZ, LuAZ und P3" (1) fand ich viele weitere Informationen von Wilfried Kopenhagen (1935 - 2000).
Er machte sich als Fachautor im Bereich der ehemaligen NVA und der Luftfahrt einen Namen.
Ein sehr schönes Foto mit einem interessanten Kommentar eines Zeitzeugens.
Prototyp3
"Sein eigentliches Debüt in Uniform hatte der Trabant nicht bei der NVA, sondern bei den Grenzern. Deren Führung hatte über den Verteidigungsminister bei den Automobilbauern erreichen können, dass eine kleine Anzahl des ab 1958 im VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau gefertigten Pkw in einer offenen Sonderausführung für den Grenzdienst abgezweigt wurde. Vorbild für diese Forderung mag die in geringer Anzahl hergestellte kübelartige Polizeieinsatzwagen-Version des Pkw F 9 gewesen sein. … Der auf diese Weise entstandene, in Handarbeit gefertigte offene Wagen wurde bald als "Grenzer-Trabbi" (auch Trabi) bekannt."

(1) Quelle: Fahrzeug Profile 8,
Stoffhund, UAZ, LuAZ und P3; Kübelwagen der NVA,
Wilfried Kopenhagen, ehemals: Flugzeug Publikations GmbH 89257 Illertissen 1997 (bis 2001)

Vertrieb über:
UNITEC Medienvertrieb eK, Ludwigstraße 11, 86669 Stengelheim
Tel.: +49 8433 929476 Fax: +49 8433 1726
e-mail: unitec_medienvertrieb@web.de und http://www.unitec-medienvertrieb.de
Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung zur Publikation.

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2.3. 1965 wurde der Prototyp getestet

Auf dem IFA, Oldtimer- und Trabanttreffen in Baierfeld 2011 zeigte mir ein Kübelfan eine uralte Zeitschrift.
ArmeerundschauEs handelte sich um die Armeerundschau vom Juni 1965.
Diese Zeitschrift (1956 bis 1990) war ein monatliches Magazin des Militärverlag der DDR.
Ich erinnere mich noch gern daran, dass wir als Jugendliche früher oft in den Heften mit den unterhaltsamen Berichten und informativen Bildern geblättert haben.
Unter dem Titel „Mit dem Grenztrabant unterwegs“ fand ich folgende tolle Bilder und Informationen. Und das von 1965!!!

Diese Zeitung wurde bestimmt auch auf der anderen Seite des eisernen Vorhangs gelesen. Wie muss da den Herren Gehlen und Co die Kinnlade nach unten geklappt sein.
In der NATO zeterte man damals um das Gemeinschaftsprojekt Europa-Jeep und die Bundeswehr kurvte mit dem übergewichtigen, schwachbrüstigen und störanfälligen DKW Munga herum.

Da die Zeitschrift bestimmt nur wenigen Kübelfans zur Verfügung steht, möchte ich den Artikel von Oberstleutnant K. Erhard und die Bilder von Major W. Walzel hier wiedergeben.

Prototyp

Von vorn ein "Trabant" 601 mit Tarnscheinwerfer
und Duroplast-Haube …
sonst ein Kübelwagen mit allen notwendigen Attributen.

Mit dem Grenztrabant unterwegs

Ehrlich gesagt, wir waren mächtig gespannt auf den kleinen Flitzer.
Vom Hörensagen war uns bekannt, daß für die Grenztruppen der Nationalen Volksarmee ein neues leichtes Kfz. auf der Grundlage des serienmäßigen „Trabant“ 601 entwickelt worden sei und nun seine erste Erprobung durchmacht.
Wie mochte das Fahrzeug aussehen?
Welche Eigenschaften hat es?
Wird es bestehen?

Endlich war die Gelegenheit gekommen, die „KS*-Blase“, wie die Grenzsoldaten liebevoll-spöttisch sagen, zu sehen und eine Fahrt darin zu unternehmen.
*)KS = Kontrollstreifen
Da stand er nun, der Grenztrabent (ein weiterer in der Truppe geborener Name) - grau-grün, mit Allwetterverdeck und Leinwandtüren.
Von vorn ein ungewöhnlich gespritzter „Trabant" 601, von hinten beim flüchtigen Hinsehen mit dem P2M zu verwechseln und in der Seitenansicht dem ,,Wartburg“-Kübel ähnelnd. Standen jene vielleicht Pate?
Was die Anlage als Kübelfahrzeug angeht, vielleicht, denn die allgemeine Konzeption und die Gestaltung der Rückfront entsprechen den bewährten Formen unserer Kübelwagen.
Und doch hat der „Kleine" seine eigene Note. Er ist der brave ,,Trabant" geblieben, trotz allem was ihn veränderte.
Nachdem wir ihn selbst gebührend beschnuppert und uns überzeugt hatten, daß die Bodengruppe, das Fahrwerk, der Motor und der Bug in keiner Weise vom Standardtyp abweichen, kannte es hinaus auf die Landstraße und auf Streifenwege im Gelände gehen.
Wie er dahinschnurrte auf seinen 5+M-Reifen!
Der Fahrtwind zerrte an den eingeknöpften Türen — übrigens eine noch nicht ausgereifte Sache, so bestätigten die Genossen, und wir stellten es an Hand der Fahrt lest.
Auf der Autobahn stand der Zeiger des Tachos konstant auf 100 km/h, die der Wagen spielend hält. Im Gelände machte sich seine Wendigkeit wohltuend bemerkbar — und sein geringes Gewicht!
Im Sand oder leichtem Boden sinkt der Grenztrabant: wenig ein, und wenn er doch einmal festsitzt, dann helfen vier Mann an vier Ecken: im Nu ist der Flitzer wieder flott.

Prototyp

Die Duroplastverkleidung am Heck und an den Seiten ist dem Stahlblech gewichen. Der Kofferraum wurde auf ein Mindestmaß beschränkt – Vorteil viel Platz im Innenraum

Im Vertrauen gesagt: Das soll während der ersten Erprobung vorgekommen sein.
„Den festgefahrenen P 3 kriegten sie so nicht 'raus", verriet schmunzelnd der TA des Regiments, ,,aber unsere ,Blase' . . .", wie gesagt, vier Mann usw.
Nun soll das nicht heißen, der „Trabant"-Kübel wäre ein Geländefahrzeug, mitnichten.
Er ist als Streifenwagen gedacht, der mühelos und relativ schnell auf den-Streifenwegen im Grenzhinterland operiert.
Die Vorteile gegenüber den noch gebräuchlichen Krädern dürften sichtbar sein.
Zunächst vier Räder und ein Dach, dann eine stärkere Besatzung und damit eine stärkere Bewaffnung.
An Stelle eines Suchers werden schwenkbare Scheinwerfer an beiden Flanken gute Dienste leisten, und das später vielleicht außen an der Rückwand angebrachte Reserverad wird noch mehr Platz im Innenraum schaffen.
Mit wenigen Handgriffen kann aus dem verdeckten Wagen ein offener Kübel entstehen und umgekehrt.
Dazu brauchen nur die Türen ausgeknöpft und zwei Halteschrauben an den vorderen Streben der Windschutzscheibe gelöst werden.
Das Zurückschlagen des Verdecks in den Kofferraum ist schon keine Arbeit mehr.

Prototyp

Als offener Kübelwagen die reinste „Sommerlaube“, aber prima.

Prototyp

Noch Erprobungs-Kfz., aber bald „Gefechtsfahrzeug“ der Grenztruppen.

Prototyp

Kein „Trabant“-Camping, sondern der neue 601-Kübel mit abgeschlagenen Verdeck. Der 600er Motor leistet nach wie vor 23PS, Das Getriebe (Viergang, ein Rückwärtsgang) entspricht der Standartausführung, Armaturenbrett, Lenkrad und Gangschaltung ebenfalls.

Etwas über 6000 Testkilometer hatte der Grau-grüne herunter, als wir ihn bestiegen.
"Den haben sie in der Versuchsstelle mächtig getreten",
erzählte Soldat Obst, der Fahrer.
"Der Motor mußte alles hergeben, und auf der Versuchsstrecke knackte eine Feder. Aber Test ist eben Test. Kleingekriegt haben sie ihn nicht, aber das kommt noch . . ."
Ja, das kommt noch. Notwendigerweise wird ein neues Modell bis zum Gehtnichtmehr geprüft, unter Verhältnissen, die im normalen Truppendienst nur selten auftreten.
Doch nur so kann ein richtiges Bild von der Leistungsfähigkeit des Fahrzeuges gewonnen werden. Wir sind gewiß, der Grenztrabant wird bestehen.

Dafür sei vor allen den Arbeitern der VVB-Automobilbau und dem Direktor für Technik, Genossen Opitz, sowie seinen Mitarbeitern, Genosse Rückert und Kropfgans, gedankt. Sie setzten alle daran, um uns den „Trabant“-Kübel rasch zu übergeben.

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Baustelle

2.4. Gut getarnt: Armeekübelwagen des Trabant... (1)

Unter dieser Überschrift fand ich in dem sehr gut recherchierten Buch von Christian Suhr weitere Details. Luesebrink

Chef-Konstrukteur aus Merane Erich Lüsebrink unterbreitete 1964 drei Entwürfe, die auf dem konventionellen Vorderbau des Trabant basierten:

"1. einen Zweisitzer mit Mittelwand, Planengestell und Ladepritsche als Zweitürer,"

"2. einen Sechssitzer auf Basis der vorangegangenen Idee mit zwei Planengestellen unterschiedlicher Höhe (außer den beiden vorderen Plätzen befanden sich beiderseits über den Rad­schalen hinten je eine Sitzbank für zwei Personen) und"

"3. einen Viersitzer mit abgestuftem Heck, Scherenverdeck, vier Türen und Sitzanordnunq analog dem Kombi. Alle basierten auf dem konventionellen Vorderbau des Trabant."

"Die besondere Problematik bestand darin, dem offenen, freitragenden Aufbau genügend Steifigkeit zu verleihen. Dazu mussten die Windlaufsäulen U-förmig verstärkt werden. Die Seitenwände zog man zugleich als Träger heran und das Heck stabilisierte an der Oberkante ein Hohlprofil. Zusätzlich stützte man die hinteren Radhäuser durch einen Querträger gegeneinander ab. Durch die Kastenform des Hecks entschied man sich zur Verwendung von LKW-Schlussleuchten."

"Interessanterweise hatte das Verteidigungsministerium einen DKW Munga als Vergleichsfahr­zeug aus der Bundesrepublik beschafft und für kurze Zeit den Entwicklern zur Verfügung gestellt. In seinen Leistungsparametern wie auch der Tatsache, dass es sich um eine spezielle Konstruktion für das Gelände handelte, waren kaum Parallelen zum Trabant zu ziehen. Allenfalls hinsichtlich des technischen Interesses war dies für die Meeraner Konstrukteure eine Bereicherung."

Hier muss ich dem Autor widersprechen.
Die oben quer-liegende Blattfeder, untenliegenden Dreieckslenker, sowie die Schwenklager an der Vorderachse lassen eine Verwandtschaft DKW – Trabant / IFA F9 erkennen.
Der 900 ccm 3-Zylinder-Reihen-DKW-Motor dürfte den Meranern bestimmt bekannt vorgekommen sein.
Und gewisse Ähnlichkeiten der Hohlprofile das Seitenaufbaus und des Hecks sind nicht zu verleugnen

""Das Funktionsmuster hat während der Kurzerprobung alle Erwartungen, die mit diesem Fahrzeug in der Entwicklung bis zur Fertigstellung verbunden waren, weit übertroffen. Alle Genossen, die während der Kurzerprobung mit dem Fahrzeug in Berührung kamen, waren von dessen Fahreigenschaften in schwierigem Gelände und den daraus und seiner Bauart resultierenden Einsatzmöglichkeiten überrascht, teilweise geradezu begeistert. Es war uns in jedem Falle möglich, alle Skepsis, die bei vielen Genossen während der bloßen Betrachtung des Fahrzeuges entstand, durch die Vorführung des Fahrzeuges im Gelände zu zerschlagen. "
(Zitat entnommen aus dem Entwicklungsbericht des Trabant P 601 A vom 20.07.66)"

Der Herr Erich Lüsebrink ist am 16.09.1987 in Meerane verstorben.

(1) Bild und Quelle der Zitate: Vom Hornig bis zur IFA, Christian Suhr, Schwarz Druck, Werbung und Verlag GmbH, Meerane 2006 1. Auflage

2.5. "Kraftfahrzeuge der DDR" von 1975

In dem Buch "Kraftfahrzeuge der DDR – Zivil-und Militärfahrzeuge 1945 bis heute" vom Motorbuch Verlag Stuttgart von Werner Oswald, 1. Ausgabe 1975 !!!!, fand ich das Bild von Major W. Walzel (siehe oben) mit folgenden Text: Oswald

"Der P 601/A Grenz-Trabant ist vom handelsüblichen Kleinwagen abgeleitet. Wie dieser wird er vom VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau gebaut. Der kleine Kübelwagen dient zum Personentransport auf Straßen und im leichten Gelände. Für schwieriges Gelände ist er vor allem wegen seiner geringen Bodenfreiheit ungeeignet, ganz abgesehen davon, daß hierfür auch der Frontantrieb und der Zweitaktmotor ungünstige Voraussetzungen böten. Indes genügt der Wagen für den Streifendienst der NVA-Grenztruppen, zumal dort inzwischen überwiegend gut ausgebaute Wege vorhanden sind. Aber auch bei anderen Verbänden der Volksarmee wird der Grenz-Trabant neuerdings ebenfalls gefahren."

In dem Buch sind neben den technischen Daten auch Bilder von einem NVA Kübel und einem GST-Kübel Baujahr ca. vor 1971.

Bitte hier weiterlesen